Type d'actualité / Nachricht typ
Dialoge

Wenn „Online“ zu „vor Ort“ wird

Lieu / Ort
Mouans-Sartoux
État / Zustand
Lernreise nach Mouans-Sartoux
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Abschlussrunde der Lernreise
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Abschlussrunde der Lernreise
Accroche / Aufhänger
Vor der Pandemie waren Veranstaltungen vor Ort und in Persona die Norm. Doch die vielen Online-Formate der letzten Zeit haben diese Gewohnheit in Frage gestellt, da nicht jeder Termin Reisekosten und Reisezeit in Anspruch nehmen muss. Nach zwei Jahren fast ausschließlicher Online-Formate konnten wir Ende Mai unsere erste Lernreise nach Mouans-Sartoux organisieren. Als erster nicht-virtueller Peer-Dialog war die Lernreise auf gewisse Weise eine Premiere für das Zukunftswerk. Eine Premiere, deren Vor- und Nachbereitung erhebliche Planung und Zeitressourcen für Teilnehmende und das Zukunftswerk beansprucht hat. Hat sich dieser Mehraufwand gelohnt?
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Wie kam es zur Lernreise nach Mouans-Sartoux?

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Die südfranzösische Kleinstadt Mouans-Sartoux hat viele Ziele der lokalen Ernährungssouveränität erreicht: In den sechs Schulkantinen werden allen Kita- und Grundschulkindern 100% Bio-Mahlzeiten serviert.  Und das sogar ohne dass die Verpflegungskosten gestiegen sind, denn die Lebensmittelverschwendung wurde erfolgreich reduziert. 85 % des verwendeten Gemüses und Obstes werden auf einer kommunalen Farm angebaut, die nur ein paar Kilometer entfernt von den Schulen liegt. Diese Erfolgsgeschichte hat auch bei anderen Partner-Kommunen des Zukunftswerkes Interesse geweckt, die sich mit Fragen lokaler Ernährungsstrategien auseinandersetzen. Daher haben wir eine Dialog-Reihe mit Nebelschütz, Marburg, Loos-en-Gohelle und Mouans-Sartoux ins Leben gerufen. Nach zwei Zoom-Terminen war das Interesse an einem persönlichen Austausch so groß, dass die Idee entstand, eine Lernreise nach Mouans-Sartoux zu organisieren.

Neun Vertreter:innen aus den vier Kommunen in Deutschland und Frankreich sind der Einladung nach Mouans-Sartoux gefolgt. Darunter waren Bürgermeister:innen, zivilgesellschaftliche Vertreter:innen, Gemeinderatsmitglieder und ein Gastronom, der ebenfalls Landwirtschaft betreibt. In zwei Tagen haben die Teilnehmenden mittels einer Stadtführung, zwei inhaltlichen Workshops und dem Besuch von drei landwirtschaftlichen Projekten erfahren, wie die Mouans-Sartoux eine nachhaltige Strategie zur lokalen Ernährungssouveränität aufgebaut hat. Das Feedback der Teilnehmenden zu der Reise war sehr positiv:

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„Schon vor der Reise habe ich durch den Online-Dialog und die Kurzvorstellungen und Berichte vom Zukunftswerk alles schon von Mouans-Sartoux gehört. Das dachte ich. Aber so richtig habe ich es doch erst vor Ort verstanden. Das Projekt der Ernährungssouveränität ist natürlich viel größer als es in den Online-Dialog passt.“

Teilnehmerin der Marburger Delegation

„Die Informationen, die ich in Mouans-Sartoux bekommen habe, sind Gold wert.“

Teilnehmer der Nebelschützer Delegation

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Der Mehrwert einer Lernreise

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Diese ersten positiven Rückmeldungen haben uns natürlich gefreut, doch wir waren immer noch neugierig. Inwiefern konnte die Lernreise auch Impulse geben, die in andere lokale Kontexte übertragbar sind? Wir haben alle Teilnehmenden angerufen, um Ihnen diese Frage zu stellen.

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Une visite guidée de la ferme communale
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Eine Führung durch die kommunale Farm
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Marburg - Die Zivilgesellschaft trägt Impulse in die Breite

In Mouans-Sartoux waren zwei zivilgesellschaftliche Vertreterinnen des Marburger Ernährungsrates dabei. Bereits vor der Reise waren sie im Kontakt mit ihrer Stadtverwaltung, um gemeinsam zu überlegen, wie die Erfahrungen und Beobachtungen aus Mouans-Sartoux geteilt werden können. Nach ihrer Rückkehr haben sie einen Vortrag über die Lernreise bei der öffentlichen Veranstaltung „Städte machen Ernährungspolitik“ gehalten, wo drei Städte und politische Stadtvertreter:innen anwesend waren. Zudem sind Austausch-Formate geplant, zu denen auch Gastronom:innen, Erzeuger:innen sowie weitere Fachbereiche aus der Stadtverwaltung eingeladen werden sollen.

„Die Mischung ist sehr wertvoll. Damit ein Projekt der lokalen Ernährungsstrategie umgesetzt werden kann, braucht es eine Vielfalt an Akteur:innen. So wie die Konstellation unserer Lernreise. Durch die Vielfalt der Gruppe haben wir irre spannenden Fragen gesammelt.“
(Teilnehmerin der Marburger Delegation)

Momentan ruft eine der Teilnehmenden einen neuen Arbeitskreis des Marburger Ernährungsrates, namens „Neue Lebensmittelpunkte“, ins Leben. Bei dem Auftakttreffen soll all das einfließen, was sie in Mouans-Sartoux gesehen hat. Sie betont:

„Mit dem Arbeitskreis möchte ich anregen, darüber nachzudenken, wie wir eine Stadtteil-Landwirtschaft aufbauen und im besten Fall sogar auch die öffentlichen Kantinen versorgen können. Das waren davor nur Gedankenexperimente, die wir aber durch die Lernreise nach Mouans-Sartoux gut rüberbringen können.“
(Teilnehmerin der Marburger Delegation)

Die Teilnehmerinnen sprachen auch mit der Köchin einer lokalen Kita über den Ansatz in Mouans-Sartoux, wo die Kinder ihre Essensabfälle selbst wegwerfen, um ein Gefühl für die Ressourcenverschwendung zu bekommen. Die Köchin war sehr angetan von dieser ökologischen und ökonomischen Sensibilisierungs-Idee und möchte dies in ihrer Kita aufgreifen.

Loos-en-Gohelle - Politische Akteur:innen zusammenbringen und konkrete Maßnahmen ergreifen

Die Gemeindevertreterin und die Mitarbeitende aus dem Fachdienst Ernährung und Landwirtschaft nehmen zwei Anstöße aus Mouans-Sartoux mit. Zum einen gilt es, dem Themenbereich nachhaltige Ernährung und Gemeinschaftsverpflegung in öffentlichen Kantinen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Daher planen sie ein Treffen mit dem Gemeinderat und Verwaltungsmitarbeitenden aus unterschiedlichen Bereichen. Dieses interne Treffen soll dazu dienen, festzustellen, wo sich die Kommune im Bereich nachhaltige Ernährung derzeit befindet und weitere Ziele zu definieren.

„Um ein Projekt zur nachhaltigen Ernährung umzusetzen, muss es gemeinsam mit dem Gemeinderat umgesetzt werden. Die Umsetzung darf nicht nur im Aufgabenbereich einzelner Personen verstanden werden. Es muss ein kollektives Anliegen sein.“
(Teilnehmerin der Delegation aus Loos-en-Gohelle)

Außerdem wird ein Austausch mit den Köch:innen und den Mitarbeitenden der Kantine organisiert, die für die Versorgung der Kita und der weiterführenden Schule zuständig sind. Konkrete Maßnahmen sollen die Verschwendung von Nahrungsmitteln reduzieren.

„Der Aufenthalt auf der kommunalen Farm war sehr inspirierend. Unter anderem die detaillierte Präsentation am zweiten Tag, wo anhand vieler Zahlen und Erfahrungen erklärt wurde inwiefern die Reduzierung von Essensabfälle den Einkauf von mehr Bio-Produkten ermöglicht.“
(Teilnehmerin der Delegation aus Loos-en-Gohelle)

Nebelschütz & Region – Nachhaltige Kita-Versorgung und eine regionale Vision

Zur Nebelschützer Delegation gehörte der Bürgermeister, ein Gemeinderatsmitglied und ein Gastronom aus der Region. Der Bürgermeister hatte den Unternehmer zur Lernreise eingeladen, da es bereits Überlegungen gab, wie mehr lokale Bio-Produkte in der Kita angeboten werden könnten. Der Gastronom baut selbst Gemüse an und beliefert bereits Schulen und Kitas. Obwohl es bereits seit Längerem Gespräche gab, haben sie sich erst auf der Lernreise persönlich kennengelernt und dort direkt Ideen entwickelt, wie die nachhaltige Versorgung der Kitas gemeinsam umgesetzt werden könnte.

Zudem berichtet der Gastronom, er habe durch die Reise verstanden, welches Potenzial in seiner Region Görlitz steckt - wenn es den politischen Wille gäbe, alle Schulen und Kitas mit lokalen Bio-Produkten zu versorgen.

„Durch die Lernreise nach Mouans-Sartoux kann ich diese Idee viel konkreter formulieren und sie transportieren. Bei uns ist neulich ein Multi-Stakeholder Projekt zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung gestartet worden. Ernährung ist hierbei ein wichtiger Punkt und da ich Teil der Gruppe bin, kann ich dort hervorragend meine Eindrücke aus Mouans-Sartoux platzieren.“
(Teilnehmer der Nebelschütz Delegation)

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Unser Fazit: Lernreisen haben viel Potenzial

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Die Rückmeldungen zeigen, dass die Lernreise nach Mouans-Sartoux Visionen, aber auch viele konkrete Ideen in andere Orte transportieren konnte. Die Online-Dialoge vor Reise halfen bei der gezielten Auswahl der Teilnehmenden und bei den strategischen Überlegungen, wie das Gelernte in die eigene Kommune zurückgeführt werden kann. Vier Wochen sind natürlich zu kurz, um von langfristigen Effekten zu sprechen. Daher überlegen wir, eine Folgeveranstaltung in einigen Monaten anzubieten - allerdings wieder per Zoom.

Eins steht jedoch (leider) jetzt schon fest: Beim Abschied der Online-Folgeveranstaltung wird uns der stellvertretende Bürgermeister aus Mouans-Sartoux keine frischen Artischocken in die Hand drücken können.

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Weiterführende Links zum Thema Ernährung:

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Eindrücke von der Lernreise

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Begrüßung durch den Bürgermeisters von Mouans-Sartoux
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Der Bürgermeister von Mouans-Sartoux begrüßt die deutsch-französische Delegation. I Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Vorstellung von landwirtschaftlichen Projekten
Präsentation eines öffentlichen Landwirtschaftprojektes
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Es wurden drei öffentliche Projekte besucht, die Teil der Ernährungsstrategie von Mouans-Sartoux sind. I Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Stadtführung durch Mouans-Sartoux
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Eine Gemeinderatmitglied führt uns durch die autofreie Innenstadt von Mouans-Sartoux. I Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Workshop zur Ernährungs-Strategie in Mouans-Sartoux
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Das Team von Mouans-Sartoux zeigt anhand von Videos, Studien gesammelten Daten die Vorteile der dezentralen KiTa- und Schulversorgung. I Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk