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Erneuerbare Wärme in Frankreich: ein Hebel bei der kommunalen Energiewende

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Centrale de cogénération à Metz
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Die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage des Kraftwerks Chambière in Metz bezieht ihre Energie sowohl aus Gaslieferungen als auch aus der Wiederaufbereitung von Biomasse und Hausmüll. | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk/Arthur Frantz
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Wärme und Kühlung: Der Umschwung auf erneuerbare Energien in diesem Bereich ist ein großer Hebel bei der kommunalen Energiewende. Sarah Bronsard wirft einen Blick auf den Status quo erneuerbarer Wärme in Frankreich.
Date de publication / Veröffentlichungsdatum
21.03.2024
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Von Sarah Bronsard

 

Das Erreichen der Klimaneutralität in Europa bis 2050 setzt enorme Anstrengungen zur Verringerung unserer Treibhausgasemissionen voraus. In der kollektiven Vorstellung wird die Energiewende häufig auf die Nutzung kohlenstofffreier Energiequellen zur Erzeugung saubererer Elektrizität reduziert. Doch Energie ist mehr als nur Stromerzeugung, sie umfasst auch die Erzeugung von Wärme und Kälte. Laut der französischen Agentur für Umwelt und Energie ADEME ist Wärme heute in Frankreich der größte Posten im Energieverbrauch (42 Prozent), vor Strom (28 Prozent). Nur knapp ein Viertel dieses Verbrauchs ist erneuerbar.

Der Wärmefonds: ein starkes Instrument zur Finanzierung von erneuerbarer Wärme

Um die Produktion von erneuerbarer Wärme zu beschleunigen, die Energieunabhängigkeit zu erhöhen und die Energiepreise zu kontrollieren, hat sich die französische Regierung das Ziel gesetzt, bis 2030 38 Prozent der Wärme aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Das entsprechende Gesetz „Loi Transition Energétique pour la croissance verte (LTECV)“ wurde 2015 erlassen. Zum Vergleich: Dänemark strebt im selben Jahr eine CO-neutrale Wärmeversorgung an. Frankreich verfügt über ein Finanzierungsinstrument, den sogenannten Wärmefonds, der 2009 eingerichtet wurde und von ADEME verwaltet wird.

Dank der Investitionsbeihilfen für Gebietskörperschaften und Unternehmen hat der Wärmefonds fast 4 000 Kilometer Wärme- und Kältenetze finanziert, die sich aus über 65 Prozent erneuerbaren Energien und Abwärme speisen. Aufgrund seines Erfolgs wurde das Budget für 2024 auf 820 Millionen Euro erhöht, was einer Steigerung von über einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Das gigantische Potenzial von Abwärme

Viele der französischen Wärmenetze werden mit Abwärme versorgt. Das Potenzial ist riesig: ADEME schätzte das Vorkommen von Abwärme in Frankreich auf 12 TWh/Jahr. Damit könnten jährlich eine Million Wohnungen versorgt werden. Dabei handelt es sich um Wärmeenergie, die von bestimmten Wirtschaftszweigen wie der Industrie abgegeben wird. In Nîmes stammt mehr als die Hälfte der Wärmeproduktion aus der Abwärme der städtischen Müllverbrennungsanlage – ein Anteil, der nach der Erweiterung des Netzes auf 75 Prozent steigen soll. Die Eurometropole Metz, Partner des Deutsch-Französischen Zukunftswerks, verfügt mit einer Länge von 139 Kilometern über das viertgrößte Fernwärmenetz Frankreichs. Das Netz wird bereits jetzt zu 30 Prozent mit Abwärme versorgt, und der Anteil an den sogenannten UVE soll durch den Bau eines dritten Müllverbrennungsofens weiter erhöht werden. (Anm. d. R.: „Unité de valorisation énergétique“: Es handelt sich um eine Maßeinheit nachhaltig genutzter Energie, die bei der Müllverbrennung erzeugt wird und sowohl Strom als auch Wärme generieren kann.)

Das Beispiel Straßburg: eine ganz besondere deutsch-französische Energiekooperation

Die Wärmerückgewinnung entspricht voll und ganz der Logik der Kreislaufwirtschaft, da der ursprünglich als schädlich angesehene Abfall in eine Ressource umgewandelt wird. Frankreich und Deutschland können sich auf eine beachtliche Industriestruktur stützen und die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Gebietskörperschaften nutzen. Das Wärmenetz von Straßburg ist ein Beispiel für die deutsch-französische Zusammenarbeit: Ein großer Teil der Energie stammt aus dem Stahlwerk BSW (Badische Stahlwerke GmbH) in Kehl, während der andere Teil aus der lokalen französischen Industrie stammt.

Rechenzentren sind zwar für zwei Prozent der weltweiten CO-Emissionen verantwortlich – genauso viel wie die Luftfahrtindustrie – , doch die dabei entstehende Wärme kann sinnvoll genutzt werden. Im französischen Marne-la-Vallée werden 600 000 Quadratmeter Gebäudefläche von einem nahegelegenen Rechenzentrum beheizt.

Biomasse: eine Säule der erneuerbaren Wärme mit ungewisser Zukunft

Andere erneuerbare Energiequellen wie Geothermie und Holzenergie sind sehr vielversprechend. Biomasse, die heute 24 Prozent des Energiemixes von Wärmenetzen ausmacht, hat viele Vorteile, darunter eine große Verfügbarkeit – in Frankreich wachsen jedes Jahr etwa 90 Millionen Tonnen Holz nach. Die Branche sieht sich jedoch mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert. Der 100-Kilometer-Radius wird bei der Versorgung nicht immer eingehalten, das Sammeln von Ästen schadet der Biodiversität und der französische Wald erneuert sich nicht so schnell wie erwartet.

Annecy: das erste seegestützte Wärme- und Kältenetz Frankreichs

Einige Wärmenetze, insbesondere im Großraum Paris, greifen auf Oberflächen- und Tiefengeothermie zurück. Das Potenzial ist beträchtlich: Frankreich könnte in den nächsten 20 Jahren 150 TWh Wärme aus Geothermie erzeugen, während die deutsche Kapazität trotz einer kleineren Fläche auf 600 TWh geschätzt wird. Nach dem Vorbild von Genf hat Annecy das erste See-Wärme- und Kältenetz Frankreichs eingeweiht: Drei Wärmepumpen versorgen 570 Wohnungen mit Wasser, das aus dem See von Annecy entnommen wird.

Diese Beispiele zeugen von den Bemühungen der Gebietskörperschaften, die Produktion erneuerbarer Wärme zu beschleunigen, indem sie sich auf die jeweils verfügbaren Ressourcen stützen. Es liegt noch ein langer Weg vor uns, aber wir können die Herausforderung auch meistern, indem wir uns von unseren Nachbarn inspirieren lassen und unsere Kräfte bündeln. Dies ist der Anspruch des Deutsch-Französischen Zukunftswerks.