Einen ambitionierten und gemeinschaftlich getragenen Ausbau von PV und Windkraft fördern

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Erneuerbaren Energien durch integrierte Regionalplanung
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Um Klimaneutralität zu erreichen, wird deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien (EE) benötigt. Dafür müssen sowohl Frankreich als auch Deutschland ausreichend Flächen für Photovoltaik- (PV) und Windkraftanlagen bereitstellen.
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Dies erweist sich in der Praxis, insbesondere bei Windkraft, als schwierig: Konflikte mit Natur- und Denkmalschutz sowie Eingriffe in das Landschaftsbild führen oft zu Ablehnung bei Bürger:innen und Politiker:innen. Die Flächenauswahl ist komplex, zieht lange Planungs- und Genehmigungsverfahren nach sich und erfordert großes Engagement der kommunalen Vertreter:innen. Um den Ausbau zu erleichtern und zu beschleunigen, braucht es klare Ausbauziele sowie effektive Steuerungsmechanismen für die Umsetzung vor Ort.

Témoignage / Text
In Deutschland sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bis 2028 einen Ausbau der installierten Leistung bei Windkraft auf 99 GW und bei PV auf 172 GW vor.
Témoignage / Text
In Frankreich sieht die mehrjährige Programmplanung für Energie (PPE) vor, die installierte Leistung bis 2028 auf 34 GW für Windkraft und auf 40 GW für Photovoltaik zu erhöhen.
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In Kürze

  • Ambitionierte Ausbauziele für PV und Windkraft sind unerlässlich, um Klimaschutzziele zu erreichen. Dies setzt voraus, dass die notwendigen Flächen zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Flächenausweisung sollte, wie in Frankreich, für alle Energieträger koordiniert durchgeführt werden. Außerdem müsste diese unter Einbindung der Menschen vor Ort erfolgen; bereits entwickelte Dialogtools können hier als Vorbild dienen.
  • Verpflichtende regionale Ausbauziele für PV und Windkraft sowie die Planungsvereinfachung entlang von Zugstrecken und Autobahnen für PV – nach deutschem Modell – könnten auch in Frankreich beschleunigend wirken und die Kommunen entlasten.
Accordéons
Titel
Lokale Inspiration: Die Stadt Marburg
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92 Hektar als Zielmarke für die Klimaneutralität: Die Stadt Marburg strebt an, bis 2030 klimaneutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Stadt auch nach Inanspruchnahme aller für PV geeigneten Dächer circa ein Prozent des Stadtgebietes für Freiflächen-PV nutzen. Die Stadt hat erkannt, dass klare Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um möglichst schnell und effizient ausreichend Flächen zur Verfügung zu stellen.

Denn für jede Anlage muss der Flächennutzungsplan geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Grundlage für diese Planungen ist die SolarPotentialAnalyse der Stadt Marburg aus dem Jahr 2022. Sie zeigt, dass zehn Prozent der Flächen im Stadtgebiet geeignet sind und weist diese als Potenzialfläche aus. Damit setzt die Analyse einen klaren Rahmen für die Verteilung der Freiflächen-PV für Flächeneigentümer:innen, Projektierer:innen, Verwaltung und Bevölkerung und verringert gleichzeitig den Arbeitsaufwand und das Risiko gescheiterter Projekte.

Das Verfahren zeigt erste Erfolge: Seit der Einführung der SolarPotentialAnalyse Ende 2022 konnten Bebauungspläne mit einer Gesamtfläche von 23,5 Hektar der benötigten 92 Hektar beschlossen werden werden. Das Marburger Beispiel zeigt: Eine einmalige Zielsetzung, verbunden mit einer klaren Flächenzuweisung schafft Transparenz für alle Akteure und beschleunigt den Ausbau – ohne unnötig Flächen für PV-Anlagen auszuweisen.

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Dies- und jenseits des Rheins
Description / beschreibung

Ähnlich wie im Marburger Beispiel wurden in Deutschland auf nationaler Ebene Regelungen eingeführt, die mehr Planungssicherheit schaffen und Bürokratie reduzieren: So hat die Bundesregierung verbindliche Flächenziele für Windkraft eingeführt und die Genehmigungs- und Planungsverfahren für Freiflächen-PV entlang von Autobahnen und Zugstrecken reduziert bzw. aufgehoben.

In Frankreich müssen seit 2023 Kommunen Beschleunigungszonen für erneuerbare Energien ausweisen. Diese Zonen werden für alle Energieträger gleichzeitig von den Kommunen ausgewählt und nach einem Abstimmungsverfahren mit der Region durch präfektoralen Erlass festgelegt. Da mit den Beschleunigungszonen jedoch keine verbindliche Widmung der Flächen für die Energieträger verbunden ist und die nationalen Leistungsziele sich regelmäßig erneuern, bietet das Instrument der Beschleunigungszonen in seiner jetzigen Form in Frankreich keine mit den deutschen Ansätzen vergleichbare Planungssicherheit oder Beschleunigungseffekte.

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Unsere Aktionsvorschläge

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Ausbau der erneuerbaren Energien durch integrierte Regionalplanung koordiniert voranbringen
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Die Bundesregierung sollte den im Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) vorgesehenen Ausbau der Windenergie weiter konsequent vorantreiben, dabei aber stärker auf eine nachhaltige Umsetzung hinwirken. So sollte der Ausbau der Windenergie besser mit anderen Energieträgern abgestimmt werden, wie dies bei den Beschleunigungszonen in Frankreich der Fall ist.

Zur besseren Abstimmung sollte der Bund die Länder verpflichten, auch Solaranlagen systematisch in die Regionalplanung einzubeziehen. Andere Energieträger und Faktoren wie die Netzverfügbarkeit sollten dabei besonders berücksichtigt werden. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, bei der Ausweisung Leistungszielen den Vorrang gegenüber Flächenzielen einzuräumen und bereits versiegelte Flächen zu bevorzugen, um eine unnötig hohe Flächeninanspruchnahme durch PV und Windkraft zu vermeiden.

Um diese integrierte Planung zu unterstützen, sollten bessere Informationsgrundlagen geschaffen und die Regionalplanung gestärkt werden. Als Vorbild für einen ersten konkreten Umsetzungsschritt können zum Beispiel die öffentlich zugänglichen französischen Regionalpläne zur Netzanbindung erneuerbarer Energien dienen.

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Niedrigschwellige Dialogtools für mehr Teilhabe bei der Flächenauswahl einführen
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Trotz hoher allgemeiner Akzeptanz für die Energiewende birgt das grundsätzliche Unwissen über die damit verbundenen Planungsprozesse die Gefahr lokaler Widerstände, insbesondere bei einer konsequenten Umsetzung des WindBG. Der bisherige Ansatz, verbindliche Ausbauziele einmalig festzulegen und konsequent durchzudeklinieren, muss besser mit Naturschutz und Bürgerbeteiligung in Einklang gebracht werden.

Um die Systematik der Flächenauswahl für alle transparenter zu gestalten, sollten die Regierungen beider Länder niedrigschwellige Beteiligungs- und Informationsformate flächendeckend etablieren. Diese Instrumente können eine frühzeitige Einbindung der Bevölkerung erleichtern und einen informierten und konstruktiven Austausch zur Flächenauswahl ermöglichen.

Die Regierungen sollten sicherstellen, dass digitale Dialogtools nach dem Vorbild des Projekts Vision:EN 2040  weiterentwickelt und flächendeckend eingeführt sowie mit den gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren verknüpft werden.

 

Eine Blaupause aus Niedersachsen: Digitales Dialogtool zur Flächenauswahl
Im Rahmen des Veranstaltungskonzeptes Vision:En 2040 hat ein Konsortium aus Forschung, Softwareunternehmen und der niedersächsischen Energieagentur ein digitales Dialogtool entwickelt. Anhand einfacher Kartengrundlagen und Angaben zu ausgeschlossenen Flächen (zum Beispiel für langfristigen Naturschutz) können die Nutzer:innen selbst Bereiche für den Ausbau auswählen. Flächenpotenziale und Hindernisse sind visuell schnell erfassbar und erleichtern das Verständnis für Planungsprozesse. Dabei wird angezeigt, welcher Anteil des lokal benötigten Strombedarfs auf den jeweiligen Flächen erzeugt werden kann und ob es eines zusätzlichen Ausbaus bedarf.

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Aktionsvorschlag für Frankreich
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Das Zukunftswerk schlägt der französischen Regierung vor, verbindliche regionale Ausbauziele für Windenergie und Photovoltaik einmalig festzulegen und auf die intercommunalités (Zusammenschluss von Gemeinden, vergleichbar mit den Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.) zu verteilen. Die Flächenausweisungen sollten darüber hinaus eine verbindliche Widmung für die jeweiligen Energieträger darstellen, wie es in Deutschland bereits für Windenergiegebiete gemacht wird. Darüber hinaus sollte in Anlehnung an das deutsche System die Planungspflicht entlang von Autobahnen und Schienenwegen aufgehoben werden.

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Handlungsempfehlung - Einen ambitionierten und gemeinschaftlich getragenen Ausbau von Photovoltaik und Windkraft fördern
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