Type d'actualité / Nachricht typ
Porträts

Hinter den Kulissen unserer zweisprachigen Online-Plattform

État / Zustand
Jürgen Neumann im Gespräch
Image principale / Bild
Thumbnail
Portrait de Jürgen Neumann
Légende
Foto: Silke Meyer
Accroche / Aufhänger
Die zweisprachige Kollaborationsplattform des Zukunftswerks erlaubt unseren Partnerinitiativen, über Sprachbarrieren hinweg zusammenzuarbeiten. Entwickelt wurde diese mehrsprachige und Open-Source-lizensierte Plattform von DMX. Jürgen Neumann erklärt uns im Interview, welche Nutzungsmöglichkeiten die Plattform bietet und wie der Datenschutz für die User garantiert wird.
Contenu / Inhalt
Texte / Text

Was macht die gemeinsam entwickelte Kollaborations-Plattform besonders?

Für mich ist es an erster Stelle die Idee, wie wir die Mehrsprachigkeit realisiert haben. Wir haben die Simultanübersetzung mittels DeepL nahtlos in die Kollaborationsplattform integriert, aber die Mehrsprachigkeit dabei nicht versteckt, sondern sie in den Vordergrund gestellt. Statt die automatisch übersetzten Inhalte nur in einer Sprache zu zeigen, visualisieren wir die Diskussionsbeiträge im Chat zweisprachig und anstelle von „Deutsch/Französisch“ gibt es nur „Original“ und „Übersetzt“.

Viele Projekte, die eine transnationale Zusammenarbeit organisieren, einigen sich auf Englisch als Arbeitssprache. Wir halten den Aspekt einer mehrsprachigen Kommunikation aber für enorm wichtig, weil es eine Illusion ist, dass alle eine Fremdsprache so gut sprechen, dass sie hemmungsfrei und mit ihrer vollen Expertise an Diskussionen teilnehmen können. Zwingt man allen eine Sprache auf, wird man nicht dieselbe Tiefe der Diskussion erreichen können und viele würden wegen fehlender Sprachkenntnisse gar nicht teilnehmen. Ich bin deshalb sehr gespannt darauf, wie sich die neue Plattform im Alltag diesbezüglich bewähren wird.

Und im Gegensatz zu vielen anderen großen, etablierten Plattformen, kommt unsere Plattform komplett ohne Werbung und Daten-Tracking aus. Außerdem handelt es sich bei unserer Plattform um Freie Software.

Was genau bedeutet das: Freie Software?

Freie Software bedeutet, dass die verwendete Lizenz (in unserem Fall die ‚AGPL‘ Lizenz) neben dem Zugang zum Quellcode (also ‚Open Source‘) vier grundlegende Freiheiten einräumt:

  1. Die Freiheit, das Programm auszuführen wie man möchte, für jeden Zweck.
  2. Die Freiheit, die Funktionsweise des Programms zu untersuchen und eigenen Datenverarbeitungsbedürfnissen anzupassen.
  3. Die Freiheit, das Programm zu weiterzugeben und damit Mitmenschen zu helfen.
  4. Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gesellschaft davon profitiert.

Es hat uns gefreut, dass das Zukunftswerk dem Konzept Freier Software gegenüber sehr aufgeschlossen war, denn unsere DMX Plattform ist ja eine Freie Software und wir teilen das Bestreben der Free Software Foundation Europe: Software, die mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, sollte auch öffentlich zugänglich und für andere nutzbar sein, also „Public Money - Public Code“.

Gab es einen Ansatz, der sich wie ein roter Faden durch den Entwicklungsprozess gezogen hat?

Es hat uns besonders gefallen, dass es trotz der Vorgaben in den Vergaberichtlinien und der klaren Zielvorstellungen des Zukunftswerks möglich war, bei der Entwicklung der Plattform weitestgehend einen iterativen Ansatz zu verfolgen. Das Zukunftswerk hat von Anfang an die notwendige Offenheit mitgebracht, um gemeinsam nach den passenden Lösungen zu suchen und diese schrittweise zu implementieren, zu testen und ggf. auch wieder anzupassen.

Wir haben es schon oft erlebt, dass Kund:innen mit ganz konkreten Detailideen kamen, die dann aber technisch  leider nicht zu realisieren waren oder das Budget komplett gesprengt hätten. Das war in der Kooperation mit dem Zukunftswerk zum Glück nicht der Fall.

Letztendlich ist die eigentliche Zielgruppe entscheidend für den Erfolg einer Anwendung. Es macht aus unserer Sicht deshalb nur wenig Sinn, wenn unsere Kund:innen unveränderbare Erwartungen haben  und es wenig Raum für Diskussionen, Tests und Anpassungen gibt.

Im Designprozess sind Offenheit und ein frühes Feedback der einzige Weg, um pragmatisch zu bleiben und die Anforderungen der Nutzer:innen wirklich antizipieren zu können. Nur so lassen sich aus unserer Sicht unter Einhaltung der finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen wirklich passende Lösungen finden. Festgefahrene Ideen führen in solch einem Entwicklungskontext nur in Sackgassen.

Die Plattform hat sich im Design und Entwicklungsprozess stetig weiterentwickelt. Was könnte in Zukunft aus diesem Open-Source-Bausatz noch alles entstehen?

Selbstverständlich lassen sich auch andere Sprachen in die Plattform integrieren. Es muss ja nicht nur deutsch-französisch sein. DeepL zum Beispiel kann derzeit 26 Sprachen übersetzen und diese auch ziemlich gut automatisch erkennen. Es wäre also möglich, neben anderen bilingualen Lösungen, auch eine multilinguale Anwendung damit zu realisieren.

Außerdem machen wir uns bereits Gedanken darüber, wie mehrere Nutzer:innen gleichzeitig in zwei Sprachen an einem gemeinsamen Text arbeiten können – so wie es beispielsweise für die Formulierung gemeinsamer Handlungsempfehlungen für das Zukunftswerk notwendig ist. Es wäre auch vorstellbar, die Chatfunktion als eigene Anwendung weiter auszubauen, damit die Nutzer:innen sich auch untereinander direkt Nachrichten schicken können: Also ein mehrsprachiges Chatprogramm.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten wären in Grenzregionen die Kommunikation zu vereinfachen oder deutsch-französische Jugendaustausche partizipativ mehrsprachig zu koordinieren.

Wann ist die Software so weit, dass auch Dritte die Plattform nutzen können?

Zunächst warten wir jetzt das Feedback der Nutzer:innen aus der Beta-Test-Phase ab. Dazu möchten wir alle Interessierten bereits jetzt schon einladen, sich an den Tests zu beteiligen. Dann bringen wir das Projekt gemeinsam mit dem Zukunftswerk inhaltlich und formal zu einem ordentlichen Ende. In dieser Zeit arbeiten wir auch daran, dass der Software-Code, der seit Projektbeginn immer aktuell unter https://github.com/dmx-systems/dmx-zukunftswerk zur Verfügung steht, in einem finalen Release veröffentlicht werden kann. Das wird aus heutiger Sicht wohl in ca. 1-2 Monaten passieren.

 

 

Titre de la section / Titel

Zur Person

Texte / Text

Jürgen Neumann arbeitet seit 2004 bei DMX. Er beschäftigt sich seit 1984 mit Computern, sucht seither nach Möglichkeiten, Informations- und Kommunikationstechnik auf eine für die Gesellschaft nützliche Weise einzusetzen und hat mit deutschen und internationalen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen zusammengearbeitet. Außerdem ist Jürgen Neumann als unabhängiger Experte für die Europäische Kommission tätig.