Bodenpolitische Instrumente nachhaltig ausrichten
Frei- und Grünflächen erbringen nicht nur wichtige Ökosystemleistungen und tragen zur Lebensqualität der Menschen bei, sie sorgen auch für eine Akzeptanz von Verdichtungsmaßnahmen. Bestehende bodenpolitische Instrumente in Deutschland und Frankreich zielen mehrheitlich auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ab. Dagegen fehlen den Kommunen rechtliche und finanzielle Mittel, um Frei- und Grünflächen zu erhalten. Diese werden angesichts verdichteten Wohnens und klimatischer Veränderungen immer wichtiger.
Das Deutsch-Französische Zukunftswerk empfiehlt beiden Ländern finanzielle Anreize zu schaffen und ihr rechtliches Instrumentarium zu erweitern, um Kommunen den Erhalt von Frei- und Grünflächen zu ermöglichen und die Versiegelung durch Bauvorhaben zu steuern.
Bestehende Instrumente zur Unterstützung des Flächenankaufs, wie zum Beispiel die Etablissements Publics Fonciers (EPF) in Frankreich und der Grundstücks- und Bodenfonds in Deutschland sollten angepasst werden, sodass Kommunen der Erwerb und die Bevorratung finanziell weniger ertragreicher, jedoch für die nachhaltige Entwicklung wesentlicher, Frei- und Grünflächen erleichtert wird.
In den „Richtlinien zur Förderung der Bodenbevorratung für öffentliche, agrarstrukturelle und ökologische Zwecke in Hessen“ ist neben wirtschaftlich, städtebaulich und ökologisch relevanten Flächen auch die Bevorratung von Flächen für Freizeit und Erholung vorgesehen. Der Ankauf wird über u.a. über ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen des Landes Hessens organisiert.
Um die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten zu stärken, sollte die Ausübung des Vorkaufsrechts für die Schaffung und Bevorratung von Frei- und Grünflächen erleichtert und auch unabhängig von Entwicklungsvorhaben ermöglicht werden. In Frankreich räumt die Loi visant à faciliter la mise en œuvre des objectifs de lutte contre l'artificialisation des sols et à renforcer l'accompagnement des élus locaux (deutsch, kurz: Gesetz zur Unterstützung lokaler Mandatsträger:innen beim Kampf gegen die Bodenversiegelung) Kommunen seit Juli 2023 ein Vorkaufsrecht zum Erhalt bestehender Grünflächen und Potenzialflächen zur Renaturierung ein.
Zwischen 2020 und 2022, wurde in Frankreich die Aide à la relance de la construction durable (deutsch, kurz: Aufbauhilfe für nachhaltiges Bauen) aufgelegt. Häufig wurde diese als „Aide aux maires densificateurs“ (deutsch, kurz: „Unterstützung von Bürgermeister bei der Nachverdichtung“) betitelt, da sie Kommunen finanziell unterstützte, welche den Wohnungsbau in bereits kompakten Stadtteilen voranbrachten. Ein solches Hilfsprogramm sollte fortgeführt und weiterentwickelt werden, um Kommunen zu fördern, die parallel zur Nachverdichtung auch wohnumfeldnahe Grün- und Freiflächen schützen oder diese entwickeln.
Erfahrungen und Impulse
Qualität und Umfang der Grün- und Freiflächen beeinflussen merklich, ob eine Innenverdichtung von Bürger:innen akzeptiert wird oder nicht. Dies zeigt die Studie des CEREMA, welche als nachgeordnete Behörde des französischen Ministère de la transition écologique et de la Cohésion des territoires (Dt.: Ministerium für ökologische Transformation und territorialen Zusammenhalt) Kommunen bei der sozial-ökologischen Transformation wissen-schaftlich begleitet. Befragungen in sieben untersuchten Partnerkommunen haben gezeigt, dass die Akzeptanz des jeweiligen Projektes nicht mit dem Grad der neu geschaffenen Dichte korreliert, sondern vielmehr davon abhängt, wie viele Freiräume - und insbesondere Grünflächen - im Wohnumfeld erreichbar sind und welche Qualität diese haben.
Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
Der Établissement public foncier (kurz: EPF, deutsch: Öffentlicher Grundstücksfonds) der Region Hauts-de-France begleitet verschiedene Renaturierungsprojekte, insbesondere auf Industriebrachen der vom Strukturwandel betroffenen Region. Der EPF tritt bei den Projekten nicht nur als Finanzierungsinstrument auf, sondern erwirbt und entwickelt die Flächen als Zwischeneigentümer:in und übergibt sie nach Fertigstellung an die Kommunen.
Der Grundstücksfonds BW in Baden-Württemberg wurde aufgelegt, um Kommunen beim Grundstückserwerb zu unterstützen. Er kann allerdings nur aktiv werden, wenn nach dem Erwerb preisgünstiger Wohnraum geschaffen wird. Andere Projekte der sozial-ökologischen Transformation werden durch das Instrument nicht unterstützt.
Der Berliner Bodenfonds zielt zwar auch auf die grundsätzliche Bevorratung von Flächen ab, die Vermietung und Verpachtung der so erworbenen Flächen ist aber auf Nutzungen mit Gewinnabsicht begrenzt. Über den Berliner Ankaufsfonds hingegen wurden im Jahr 2022 vorrangig Forst- und Grünflächen ohne Refinanzierungsmöglichkeit angekauft.
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