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Starke Stimmen zur Zukunft der Energiewende

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Konferenzbericht
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Gäste schauen auf das Podium, auf dem fünf Personen sitzen.
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Über 150 Teilnehmer:innen und 30 Speaker:innen waren auf der Zukunftskonferenz zu Gast. | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Auf unserer Zukunftskonferenz am 20. Mai 2025 in Berlin wurde deutlich: Die Energiewende gelingt nur lokal – mit engagierten Kommunen, verlässlichen Rahmenbedingungen und echter Bürgerbeteiligung. Julia Plessing und Stephanie Hesse berichten von einem prall gefüllten Tag mit über 30 Speaker:innen aus Frankreich und Deutschland, 150 Gästen und starken Plädoyers für mehr soziale Gerechtigkeit in der Energiewende.
Date de publication / Veröffentlichungsdatum
16.06.2025
Contenu / Inhalt
Texte / Text

Von Stephanie Hesse und Dr. Julia Plessing
Übersetzt ins Französische von Stéphanie-Fabienne Lacombe

 

Viele Ampeln stehen in Deutschland und Frankreich für die Energiewende auf Grün. Doch obgleich der Handlungsdruck steigt, werden die gesellschaftlichen Bedingungen dafür zunehmend schwieriger, so Linda von Faber, Mitautorin der Ende 2024 erschienenen Studie „Der sozial-ökologische Klassenkonflikt“. Denn die Gruppe der Menschen, die sich sozial-ökologisch engagieren, schrumpft, während die konservativ-wachstumsorientierten Kräfte zunehmen und sich vom Klimaschutz abwenden. Gleichzeitig fühlt sich fast ein Drittel der deutschen Gesellschaft von der Politik abgehängt und verbindet die Energiewende vor allem mit Angst um steigende Lebenshaltungskosten.

Kommunen am Ruder der Energiewende

Zusammen mit Bürgermeister:innen aus Deutschland und Frankreich saß von Faber auf dem Eingangspodium der Zukunftskonferenz des Deutsch-Französischen Zukunftswerks am 20. Mai in Berlin. Über 30 Speaker:innen und 150 Gäste diskutierten im Tagungswerk in Kreuzberg die Rolle von Kommunen in der Energiewende, ihre Herausforderungen und Lösungsansätze. Mit auf dem Podium saß Patrick Barbier, Bürgermeister der elsässischen Gemeinde Muttersholtz, und betont die Verantwortung lokaler Akteure:

Témoignage / Text
„Das beste Gegenmittel gegen die Gefahr, dass Frankreich sich von der Ökologie abwendet, ist der direkte Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern eines Gebietes. Nähe, lokaler Dialog und individuelle Begleitung lassen konkrete Lösungen entstehen, etwa die energetische Sanierung von Wohngebäuden.“
Auteur / Autor
Patrick Barbier, Bürgermeister von Muttersholtz
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Mann mit weißen kurzen Haaren und Brille spricht in ein Mikro. Zitat: Windkraft in nicht-öffentlichen Sitzungen zu beschließen, ist der größte Fehler der Welt. Wir müssen transparent und fair kommunizieren und den Bürger:innen die finanziellen Vorteile der Windkraft für die Gemeinde erläutern.
Légende
So gesagt: Bertram Fleck auf der Zukunftskonferenz
Texte / Text

Ähnlich sahen das weitere Speaker:innen von beiden Seiten des Rheins und zeigten auf, wie praktikable und integrative Lösungen die Energiewende auf kommunaler Ebene voranbringen können. So nimmt in Frankreich Energy Sharing, also die gemeinsame nachbarschaftliche Stromerzeugung und Verteilung, an Fahrt auf. In Deutschland bringen mehrere Bundesländer Gesetzgebungen für eine stärkere finanzielle Beteiligung von Kommunen und Bürger:innen an der erneuerbaren Stromerzeugung auf den Weg. Schleswig- Holstein hat es vorgemacht. Dort verdienen Bürger:innen bereits seit vielen Jahren an der Windkraft mit. Rainer Hinrichs-Rahlwes, EU-Beauftragter im Vorstand des Bundesverbands Erneuerbare Energie, bringt es auf den Punkt:

Témoignage / Text
„Die wirksamste Form der Beteiligung ist die finanzielle Teilhabe. Wenn zum Beispiel die Menschen in Schleswig-Holstein die Windräder drehen sehen, dann hören sie die Euros in der Tasche klimpern.“
Auteur / Autor
Rainer Hinrichs-Rahlwes, EU-Beauftragter im Vorstand des Bundesverbands Erneuerbare Energie
Texte / Text

Es geht jedoch auch um die kleinen Schritte. Darin sind sich Michael Knape, Bürgermeister von Treuenbrietzen und Bertram Fleck, Landrat a.D. des Landkreises Hunsrück - beides Vorreiterkommunen in der Erzeugung erneuerbarer Energien - einig. Es braucht, so betonen beide, von Beginn an eine offene beteiligungsorientierte Politik: die erste Sitzung zur Planung neuer Windräder darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden. Gleichzeitig braucht es Transparenz, Information und kleine aber stetige Schritte, bei denen die lokale Bevölkerung mitgehen kann.

Kommunen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen

Bei aller guter lokaler Praxis wurden in Berlin zwei zentrale Punkte deutlich, die auch die nationale Politik in die Verantwortung nehmen. Einerseits brauchen Kommunen, um ihrem Auftrag gerecht zu werden, verlässliche Rahmenbedingungen. Suzanne Brolly, stellvertretende Bürgermeisterin aus Straßburg, macht deutlich, dass diese bisher fehlen:

Témoignage / Text
„Mit dieser Stop-and-Go Politik verlieren wir das Vertrauen derer, die bereit sind, Veränderungen mitzutragen – sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen, die sich engagieren. Damit riskieren wir eine explosionsartige Zunahme der sozialen Unsicherheit.“
Auteur / Autor
Suzanne Brolly, stellvertretende Bürgermeisterin von Straßburg
Texte / Text

Ganz ähnlich sieht das Anita Schneider, Landrätin des Landkreises Gießen. Sie fordert eine stärkere Verlässlichkeit der Förderprogramme, die nicht zu spezifisch sein sollten, ganz nach dem Vorbild des ehemaligen KFW Programms 432 zur integrierten Quartiersentwicklung.  Denn, so Schneider: „Erst dann können wir richtige Beteiligung machen.“

Klimawandel und soziale Ungleichheit gemeinsam angehen

Der zweite zentrale Punkt, der auf den Podien und in den Workshops immer wieder betont wurde: Die Energiewende und ihre Lösungen stehen im Kontext nicht nur klimatischer Herausforderungen, sondern ebenso immer ungleicher werdender Gesellschaften. Nur wenn diese Herausforderungen zusammen gedacht werden, können wir die Energiewende voranbringen ohne die Demokratie zu gefährden. So betont Ulrike Röhr, Expertin für gendergerechte Klimapolitik, dass oftmals immer noch technologische Lösungen bevorzugt werden, die unterschiedliche Betroffenheiten von Männern und Frauen nicht berücksichtigen. Doch technologische Lösungen, so wichtig sie sind, reichen bei Weitem nicht aus.

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Eine Frau spricht ins Mikro. Zitat: Frauen, die häufiger von Energiearmut betroffen sind, äußern sich leichter zu Themen der Energieeinsparung. Ihre Beteiligung an Debatten über Suffizienz oder die Mehrfachnutzung von Flächen hat eine äußerst positive Wirkung.
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So gesagt: Asma Rharmaoui-Claquin auf der Zukunftskonferenz.
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Dies wurde besonders deutlich auf dem Podium und im Workshop zum Thema Energiesuffizienz. Ein Szenario von 26 europäischen Forschungseinrichtungen prognostiziert, dass Suffizienzmaßnahmen das Potenzial haben, die Hälfte der bis 2050 nötigen Energieeinsparungen zu ermöglichen. Wichtig dabei: Die Verantwortung kann nicht nur auf die Bürger:innen abgeschoben werden.

Es braucht strukturelle Maßnahmen, damit eine höhere Lebensqualität für alle erreicht wird und nicht die, die bereits zu wenig haben, noch mehr Abstriche machen müssen. In Deutschland ist das Thema Suffizienz – französisch Sobriété – noch ein blinder Fleck, während es in Frankreich im offiziellen politischen Diskurs angekommen ist. Doch auch dort, so Fabien Baudelet, Referent für Europapolitik beim Thinktank Négawatt, „sind wir zurück in einem Narrativ des energetischen Überflusses. Dieser Mythos – denn nichts anderes ist er – stellt das größte Hemmnis für die Verbreitung von Energiesuffizienz dar.“

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Ein Mann spricht ins Mikro. Zitat: Damit der Wandel gelingt, muss er gerecht sein.  Und über das Nachdenken über die „Verlierer“ hinaus geht es darum, gemeinsam zu entscheiden. Es gilt also, Wege zu finden, um die Demokratie zu bereichern.
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So gesagt: Eric Vidalenc auf der Zukunftskonferenz
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Eine breite Koalition für die Transformation?

Um die Konferenz an diesem sonnigen Tag zu beschließen, diskutierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags Andreas Jung (CDU/CSU) und Dr. Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) mit Brigitte Klinkert, Abgeordnete des Haut-Rhin und Co-Vorsitzenden des Vorstands der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung, den großen, politischen Rahmen in beiden Ländern. Der Eindruck bleibt: Über die Ziele zur Klimaneutralität und Energiewende sind sich die deutsche und französische Regierung sowohl nach innen als auch in ihren diplomatischen Beziehungen grundsätzlich einig. Wie die Umsetzung aussehen und wie schnell sie erfolgen soll, da gehen die Vorstellungen auseinander, auch innerhalb des Deutschen Bundestags. Daher braucht es nach wie vor in beiden Ländern eine starke sektor- und ebenenübergreifende Koalition aus Kommunen, Wissenschaftler:innen und Expert:innen, die sich für eine lokale und soziale Energiewende stark macht.

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Die Zukunftskonferenz in Bildern

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Fünf Personen stehen bei einer Podiumsdiskussion auf einer Bühne, einer von ihnen spricht ins Mikrofon
Zukunftskonferenz 2025
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V.l.n.r. Thomas Spinrath, Sarah Lee Heinrich, Fabien Baudelet, Gudrun Heute-Bluhm, Martin Wiesmann | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Eine Frau spricht am Mikrofon, umgeben von zwei anderen Frauen in einer Podiumsdiskussion
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V.l.n.r. Marion Davenas, Asma Rharmaoui-Claquin, Ulrike Röhr | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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3 Personen diskutieren auf der Bühne während einer Podiumsdiskussion vor einem Publikum
Zukunftskonferenz 2025
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V.l.n.r. Bertram Fleck, Dr. Julia Plessing, Michael Knape | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Personen nehmen während eines Workshops aktiv teil, indem sie thematische Post-its an eine Tafel heften
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Leute, die im Publikum sitzen, unterhalten sich miteinander.
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Teilnehmende eines Workshops sitzen in einem Stuhlkreis, vorne wird ein Vortrag gehalten
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Ein Diskussionspanel findet auf einer Bühne vor einem Publikum statt
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Auf der Bühne v.l.n.r. Lale Eckardt, Patrick Barbier, Suzanne Brolly, Anita Schneider, Linda von Faber | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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8 Personen posieren für ein Foto
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V.l.n.r. Andreas Jung, Vincent Aussilloux, Sandra Detzer, Clément Beaune, Brigitte Klinkert, Sarah Bronsard, Lale Eckardt und Frank Baasner | Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk
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Eine Gruppe Personen unterhält sich in einem Raum
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Foto: Deutsch-Französisches Zukunftswerk