Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs stärken

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Eine Tram in Pau in der Dämmerung
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Foto: Guilhem Massip | Attraktiver Nahverkehr: eine besonders nachhaltige Nutzungsform des städtischen Raums.
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Grundlage für die Umverteilung des Straßenraums zugunsten nachhaltiger Nutzungen ist ein starker ÖPNV als flächeneffizientes Rückgrat der Mobilität.
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Damit Bürger:innen in verkehrsberuhigten Städten und im suburbanen Raum bedarfsorientiert, komfortabel, schnell und barrierefrei von A nach B kommen, braucht es einen flächendeckenden Ausbau öffentlicher Mobilitätsangebote.

Um den Ausbau und die Modernisierung der ÖPNV-Infrastruktur sowie eine höhere Taktung und attraktive Preisgestaltung zu gewährleisten, müssen neben der Bereitstellung staatlicher Mittel und der Umschichtung klimaschädlicher Subventionen zusätzliche Finanzierungsinstrumente geschaffen und rechtlich-administrative Weichen gestellt werden, die den Kommunen die nötigen Mittel zuführen. Hier können Deutschland und Frankreich viel voneinander lernen.

Accordéons
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Vom Deutschlandticket lernen: Voraussetzungen für ein Einheitsticket schaffen
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Um die Voraussetzungen für die Einführung eines nationalen Einheitstickets zu schaffen und Nutzer:innen so den Zugang zum gesamten Nahverkehrs-Angebot zu ermöglichen, sollte die französische Regierung Anreize für eine bessere Zusammenarbeit der lokalen Mobilitätsbehörden (Autorités organisatrices de mobilité, kurz AOM) schaffen und rechtlichen Hemmnisse abbauen. Dabei sollte sowohl auf den Finanzierungsbedarf als auch auf einen ausgeglichenen Haushalt einer solchen Tarifintegration geachtet werden. Die Umsetzung auf nationaler Ebene sollte sich an das Vorbild des Deutschlandtickets orientieren und sich auf Erfahrungen auf regionaler Ebene stützen, beispielsweise an der in der Region Bretagne eingeführten Transportkarte KorriGo.

Darüber hinaus sollten beide Regierungen eine grenzüberschreitende Gültigkeit beider Einheitstickets anstreben.

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Vom französischen Versement mobilité lernen: Finanzierung durch Sonderabgabe für Arbeitgeber:innen sichern
Description / beschreibung

Um die bestehende Bundes- oder Landesfinanzierung zu ergänzen und die Mehrkosten eines umfassenden Ausbaus des öffentlichen Verkehrssystems zu finanzieren, braucht es zusätzliche Finanzierungsinstrumente – insbesondere dann, wenn die Preise so attraktiv gestaltet werden sollen, dass sie die Menschen zur Nutzung des ÖPNV motivieren.  In Frankreich können sich Kommunen einer zweckgebundenen Mobilitätsabgabe bedienen, dem sogenannten Versement mobilité, und ortsansässige private und öffentliche Arbeitgeber:innen mit 11 oder mehr Beschäftigten als Nutznießer zur Kofinanzierung des öffentlichen Nahverkehrs in die Verantwortung nehmen. Mit 9 Milliarden Euro (2021) liegt der Anteil des Versement mobilité an der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs in Frankreich bei 45 Prozent (GART).

Damit auch deutsche Kommunen eine Möglichkeit der Drittnutzer-finanzierung für den Ausbau und die attraktive Tarifgestaltung der Nahverkehre nutzen können, wie es beispielsweise Straßburg vormacht (siehe Rubrik Inspirationen weiter unten: solidarische Preisgestaltung in Straßburg), bedarf es einer Änderung des rechtlichen Rahmens. Bund und Länder müssen die Rechtsgrundlage für eine solche Arbeitgeber:innen-Nahverkehrssonderabgabe oder andere Instrumente der Nutznießerfinanzierung schaffen.

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Parkraumbewirtschaftung in Kommunen voranbringen
Description / beschreibung

Durch eine gezielte Lenkung der Einnahmen der Parkraumbewirtschaftung können die Budgets für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs erhöht werden. Beide Länder sind aufgefordert, aktiv eine möglichst flächendeckende Einführung und Ausweitung von Parkraumbewirtschaftung zu unterstützen und eine Regelung zur verbindlichen Zuleitung der Erlöse für den Ausbau des Umweltverbunds zu schaffen. In Frankreich sollte ein Fonds für nachhaltige Mobilität eingerichtet werden, der aus den Einnahmen der Parkraumbewirtschaftung gespeist wird. Darüber hinaus gilt es in Deutschland, gesetzliche Hemmnisse (wie in § 45, Absatz 1 der StVO enthalten) aufzuheben, damit Kommunen durch flächendeckende kostenpflichtige Parkzonen eine stärkere Lenkungswirkung im Sinne der Mobilitätswende ausüben können.

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Einführung einer Umweltabgabe für den LKW-Verkehr
Description / beschreibung

Die französische Regierung sollte nach dem Vorbild der LKW-Maut in Deutschland eine nationale Umwelt-Kilometerabgabe für den LKW-Verkehr einführen, die nach CO2-Emissionen und externen Kosten lokaler Luftverschmutzung gestaffelt ist. Diese sollte sowohl auf dem bislang nicht gebührenpflichtigen Straßennetz erhoben werden, als auch ergänzend auf dem gebührenpflichtigen Autobahnnetz (péage), dessen Einnahmen bereits heute einen Teil der durch den Güterverkehr verursachten externen Kosten decken. Damit sollen auch eine Umleitung des Verkehrs von Autobahn auf Nationalstraßen (routes nationales) sowie Schäden an der Straßeninfrastruktur vermieden werden. In diesem Zusammenhang wird eine vollständigere Umsetzung der Eurovignetten-Richtlinie (EU) 2022/362 empfohlen: Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie sollten die Einnahmen aus dieser Umweltabgabe in den Ausbau nachhaltigerer Verkehrsarten fließen, insbesondere zur Verlagerung des Güterverkehrs auf Schiene und Wasser, und sollten darüber hinaus auch zur Finanzierung des kommunalen Umweltverbunds vor Ort genutzt werden.

Im Jahr 2022 erwirtschaftete die LKW-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen rund 7,4 Milliarden Euro.

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Erfahrungen und Impulse

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Eine Person hält ein 49€-Ticket in der Hand
Ein Ticket für ganz Deutschland
Description / Beschreibung

Das im Mai 2023 eingeführte Deutschlandticket zeigt Wirkung. Mehr als 11 Millionen Abonnements wurden bereits verkauft. Fast die Hälfte von ihnen schloss zum ersten Mal überhaupt ein Abonnement ab. Erste Datenauswertungen deuten bereits auf moderate Verlagerungseffekte von der Straße auf die Schiene hin (VDV).  Die Kosten für das Jahr 2023 liegen bei 3 Milliarden Euro und sollen zur Hälfte aus dem Bundeshaushalt und den Länderhaushalten getragen werden. Für 2024 gehen die Schätzungen von 4 Milliarden Euro aus.

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Menschen in einem öffentlichen Bus
Solidarisch unterwegs
Description / Beschreibung

In ihrer Rolle als Mobilitätsbehörde (Autorités organisatrices de mobilité, kurz AOM) hat die Eurométropole de Strasbourg 2010 eine solidarische Preisgestaltung eingeführt, wodurch eine gerechtere Mobilitätsteilhabe aller Nutzer:innen gewährleistet wird. Diese können auf der Grundlage eines einkommensabhängigen Familienquotienten eine Ermäßigung auf ihr Abonnement erhalten.

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Politische Handlungsempfehlung 2 − Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs stärken
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