Wie nutzen und verteilen wir Stadtraum nachhaltig?
Deutsch-Französisches Zukunftswerk veröffentlicht Handlungsempfehlungen zur nachhaltigen Stadtentwicklung
Das Deutsch-Französische Zukunftswerk wurde auf Grundlage des Aachener Vertrags initiiert und hat 2020 seine Arbeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist es, relevante Akteure beider Gesellschaften zu den großen Zukunftsfragen unserer Zeit in den Austausch zu bringen. Dabei verfolgt es einen konsequenten Bottom-up-Ansatz: Es untersucht, wie auf lokaler Ebene innovative Lösungen im Umgang mit den großen Herausforderungen der sozialen und ökologischen Transformationen entwickelt werden.
Im Mittelpunkt steht der deutsch-französische Dialog, um voneinander zu lernen, sowie ein transdisziplinärer Ansatz, bei dem lokale Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ins Gespräch gebracht werden. Was Kommunen beider Länder verbindet, ist die Bereitschaft, bei der nachhaltigen Entwicklung von Städten neue Wege zu gehen. Die Lust zu experimentieren setzt jedoch voraus, dass die Möglichkeiten dafür geschaffen werden. Hier setzen die Handlungsempfehlungen des Zukunftswerks an. Sie werden am 18. Januar in einem Festakt veröffentlicht, zu dem das Zukunftswerk folgende politische Gäste auf dem Podium begrüßt:
- François Delattre, Französischer Botschafter in Deutschland
- Andreas Jung (CDU), klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- Helmut Kleebank (SPD), Vorsitzender des Parlamentarischen Beirats für Nachhaltige Entwicklung
- Sandra Weeser (FDP), Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen und Vorstandsmitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung
Stadtraum umverteilen und umnutzen
Städte und Gemeinden in Deutschland und Frankreich gestalten lebenswerte und resiliente Orte demokratischen Miteinanders. Mit seinen politischen Handlungsempfehlungen zeigt das Deutsch-Französische Zukunftswerk, wie die nationalen Regierungen und die deutschen Bundesländer gemeinwohlorientierte und nachhaltige Stadtentwicklungspolitik im Sinne der neuen Leipzig-Charta unterstützen können. Die Handlungsempfehlungen adressieren Vorschläge, um die grüne Infrastruktur unserer Städte weiterzuentwickeln. Sie plädieren dafür, Straßenraum zugunsten des ÖPNV, Rad- und Fußverkehrs neu zu gestalten, öffentliche Räume aufzuwerten und sogenannte Experimentierlösungen zu fördern, mit denen innovative Ansätze niedrigschwellig ausprobiert werden können.
Beispiele aus dem anderen Land zeigen, was möglich ist: So finanzieren französische Kommunen mit Hilfe des Versement mobilité, einer Mobilitätsabgabe lokaler Arbeitgeber:innen, fast die Hälfte ihres ÖPNV. In Paris entspricht dies beispielsweise Einnahmen in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. Der Münchner Grünspitz ist Erfolgsbeispiel für die Aufwertung öffentlicher Räume: Die Stadt hat den Platz in Zusammenarbeit mit dem Green City e.V. von der Park- und Ausstellfläche eines Autohändlers in einen grünen Aufenthaltsort umgestaltet. Er bietet Fußballfans, Familien mit Kindern und Menschen in prekären Lagen gleichermaßen eine grüne Oase in der Großstadt.
Die Handlungsempfehlungen machen auch deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Kommunen beider Länder entscheidend ist, um Europa im Kampf gegen den Klimawandel zu stärken. Die insgesamt sieben Handlungsempfehlungen des Zukunftswerks beinhalten konkrete Aktionsvorschläge zur nachhaltigen Umverteilung und Umnutzung von Stadtraum. Sie sind online auf der Webseite des Zukunftswerks verfügbar.
Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), sagte zur Relevanz des Projekts: „Wir stehen in Europa vor enormen Herausforderungen. Die Gesellschaften und unser Wirtschaftssystem verändern sich rasant, und wenn wir die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen wollen, dann müssen wir sie beherzt und gemeinsam angehen.“
Laurence Boone, französische Staatssekretärin für Europa und Generalsekretärin für die deutsch-französische Zusammenarbeit, sagte: „Ob es um den öffentlichen Nahverkehr, die Gestaltung der Innenstädte oder energieeffizientes Bauen geht: Deutschland und Frankreich können viel voneinander lernen.“
François Delattre, Frankreichs Botschafter in Deutschland, machte während des Festaktes deutlich: „In nur wenigen Jahren ist das Zukunftswerk zu einem Labor von guten Ideen geworden, dank derer wir die innovativen Lösungsansätze in beiden Ländern vergleichen können und somit bei der Bewältigung der gemeinsamen Zukunftsaufgabe ‚nachhaltige Entwicklung‘ vorankommen.“
Prof. Dr. Frank Baasner, der deutsche Co-Direktor des Zukunftswerks, sagte: „Die Motivation, sich zu den großen aktuellen Herausforderungen auszutauschen und voneinander zu lernen, ist in deutschen und französischen Städten gleichermaßen spürbar.“
Die französische Co-Direktorin des Zukunftswerks, Sabine Buis, fügte hinzu: „Die politischen Handlungsempfehlungen stellen eine gemeinsame Sprache für alle Akteure der nachhaltigen Stadtentwicklung dar. Sie verkörpern eine Vision für die Umgestaltung der Nutzung und Aufteilung des städtischen Raums, einen Paradigmenwechsel, der unbedingt vollzogen werden muss und von beiden Gesellschaften getragen wird.“
Über das Deutsch-Französische Zukunftswerk
Das Deutsch-Französische Zukunftswerk wurde durch Artikel 22 des Aachener Vertrags im Jahr 2019 ins Leben gerufen. Sein Ziel ist es, sich mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen beider Länder auseinanderzusetzen. Dafür bringt es Interessengruppen und relevante Akteur:innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aus Deutschland und Frankreich zusammen.
Auf der Grundlage lokaler Erfahrungen und eines intensiven Dialogs mit den Akteur:innen beleuchtet das Deutsch-Französische Zukunftswerk die ökologischen, sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, um gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln. Es formuliert Vorschläge für die nationale Politik beider Länder.
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Foto: Sina Villinger
Stephanie Hesse ist seit 2023 Referentin für Pressearbeit beim Deutsch-Französischen Zukunftswerk. Sie studierte Medienwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Université Paris 1 – Panthéon Sorbonne, bevor sie als Journalistin und Redakteurin für verschiedene deutsch-französische Medien tätig war. Von 2010 bis 2021 koordinierte sie die Webprojekte der Goethe-Institute Frankreich
und beriet als selbständige Contentstrategin gemeinnützige Organisationen mit Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit.