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Deutschland und Frankreich im Green Deal

État / Zustand
Gesetz zur Wiederherstellung der Natur
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Viele verschiedene Pflanzen vor weißen Hausfassaden. Einige Pflanzen ranken an den Fassaden hinauf.
Légende
Dieser vom Künstler Evor bepflanzte Innenhof in Nantes, der Jungle intérieure, ist für viele Passant:innen ein Erholungsort in der Stadt. | Foto: Jean-Pierre Dalbéra auf flickr.com (CC BY 2.0)
Accroche / Aufhänger
Die neue EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur gibt Deutschland und Frankreich ehrgeizige Ziele vor. Beide Länder setzen auf die Erholung der biologischen Vielfalt und den Umbau der Infrastruktur, um den Anforderungen des Green Deal gerecht zu werden. Marie-Cécile Milliat zeigt einige Konsequenzen der Verordnung für die Stadtentwicklung auf.
Date de publication / Veröffentlichungsdatum
02.09.2024
Contenu / Inhalt
Texte / Text

Von Marie-Cécile Milliat
Aus dem Französischen übersetzt von Annette Kulzer

 

Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur wurde am 29. Juli 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Staaten haben zwei Jahre Zeit, um ihre Entwürfe für nationale Wiederherstellungspläne bei der Europäischen Kommission einzureichen. Die Kommission hat sechs Monate Zeit, um sie zu bewerten. Danach haben die Staaten weitere sechs Monate Zeit, um die Pläne fertigzustellen und zu veröffentlichen.

Diese Verordnung stellt den letzten, aber auch einen der umstrittensten Bestandteile des European Green Deal dar. Trotz erheblicher Abschwächungen während der Verhandlungen wird die Leitlinie zum verbindlichen Standard für europäische Länder. Deutschland und Frankreich zählen zu den Mitgliedstaaten, die sich besonders stark für die Umsetzung der Verordnung einsetzten. Paris und Berlin müssen jedoch ihren Worten auch Taten folgen lassen, indem sie nicht nur nationale Pläne zur Wiederherstellung der Natur erstellen – deren Umsetzung unter Androhung von Sanktionen verpflichtend ist –, sondern auch einen kohärenten und effektiven Handlungsrahmen schaffen.

Fokus auf Biodiversitätsschutz und Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme

Das übergeordnete Ziel besteht vorrangig im Schutz der Artenvielfalt und in der langfristigen Sicherstellung der Widerstandsfähigkeit bedrohter Ökosysteme. Dies kann Maßnahmen wie die Populationssicherung und -vergrößerung gefährdeter Arten oder das Aufforsten eines bestimmten Prozentsatzes an Wäldern umfassen. Die Wiederherstellung von Waldlandschaften kann entweder durch das Anpflanzen einheimischer Baumarten (aktive Wiederherstellung) oder durch den besonderen Schutz bestehender Ökosysteme zur natürlichen Regeneration (passive Wiederherstellung) erreicht werden. Die Bandbreite der verfügbaren Praktiken und Innovationen ist groß – sie erfordert dadurch eine gezielte Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse des Gebiets genauso wie eine strenge Überwachung der Maßnahmen. Um dies zu gewährleisten, müssen die nationalen Behörden in beiden Ländern mit den lokalen Interessengruppen, wie Landbesitzer:innen und Landwirt:innen, zusammen mit Forscher:innen und anderen wissenschaftlichen Expert:innen zusammenarbeiten und diese miteinbeziehen.

Was die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur für kommunale Akteur:innen bedeutet, wird sich ganz konkret erst zeigen, wenn beide Länder ihre nationalen Fahrpläne zur Erreichung der Ziele erarbeitet haben. Die Verordnung unterstreicht jedoch die Bedeutung, die Stadtgrün für Biodiversität und menschliches Wohlbefinden hat. Kommunen benötigen einheitliche Indikatoren wie den Baumkronendeckungsgrad oder die Entfernung zwischen Wohnung und Stadtgrün, um ihre Fortschritte messbar zu machen. Stadtgrün muss zu einer kommunalen Pflichtaufgabe werden, damit die Entwicklung grüner Infrastruktur auch finanziell ausgestattet wird.

Die Handlungsempfehlung des Zukunftswerks nimmt Hebel in den Blick, um die Verbindlichkeit für eine hochwertige grüne Infrastruktur zu erhöhen.

Anpassung der Infrastruktur und des Planungsrechts

Auch das nationale Planungsrecht unserer beider Länder wird sich zwangsläufig weiterentwickeln müssen. In Frankreich gibt es Überlegungen, eine Steuergutschrift für Unternehmen bereitzustellen, die sich an ökologischen Sanierungen beteiligen. Diese Beteiligung ist Teil eines sogenannten Corporate Social Responsibility-Ansatzes, bei dem sich wirtschaftliche Unternehmen freiwillig verpflichten, einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Der französische Staat könnte so von der Unterstützung des Privatsektors profitieren, um den europäischen Anforderungen gerecht zu werden.

Im 19. und 20. Jahrhundert haben Städte die notwendige Infrastruktur für ein modernes Leben geschaffen. Im 21. Jahrhundert sollte städtischer Grundbesitz hingegen zur Erreichung der CO₂-Ziele genutzt werden. Ähnlich wie bei den industriellen Revolutionen zuvor wird auch der ökologische Wandel die Landschaften erheblich verändern - besonders die oft kritisierten, als unattraktiv bezeichneten Vororte französischer Städte. Ein beispielhaftes Projekt dieser Transformation findet in der Nähe von Paris statt. Nach den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 werden die Gebäude des olympischen Dorfs zu Wohnungen und Studierendenwohnheimen umgestaltet. Außerdem wurden knapp 9 000 Bäume und Sträucher gepflanzt, um bis 2026 ein neues, grünes Stadtviertel für 6 000 Bewohner:innen zu schaffen. Dieses Vorhaben symbolisiert den Beginn einer umweltfreundlicheren Stadtentwicklung.