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Lokale Energie- und Wärmewende in Deutschland und Frankreich: Diese Themen untersucht das Zukunftswerk

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Foto von photovoltaikpaneelen auf einem dach
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Der Ausbau erneuerbarer Energien soll in Deutschland und in Frankreich vorangetrieben werden. | Foto: Solarimo, Pixabay
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Kommunen in Deutschland und Frankreich arbeiten mit Hochdruck daran, Gebäude energieeffizienter zu gestalten und mehr erneuerbare Energien einzusetzen. Während die Bemühungen auf beiden Seiten des Rheins ähnlich hoch sind, könnten die nationalen Strategien zur Energie- und Wärmewende nicht unterschiedlicher sein. Frank Baasner wirft einen vergleichenden Blick auf das Thema und beschreibt, welche Aspekte für die Arbeit des Zukunftswerks spannend sind.
Date de publication / Veröffentlichungsdatum
21.03.2024
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Von Frank Baasner
 

Wohl kaum ein Thema ist in der öffentlichen Debatte in beiden Ländern in letzter Zeit so präsent und heftig diskutiert worden wie die Frage der Energie- und Wärmeversorgung. Angesichts der extremen Abhängigkeit Deutschlands vom russischen Gas kam in der Gesellschaft wie in der Wirtschaft die berechtigte Sorge auf, wie man den Winter 2022/2023 bewältigen würde. Auch Frankreich hatte wegen eines hohen Wartungsbedarfs seiner Atomkraftwerke und wegen niedriger Wasserstände in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Probleme, für stabile und ausreichende Versorgung mit Strom (und damit auch mit Wärme) zu sorgen. Die Pläne der deutschen Regierung, durch einen beschleunigten Umbau der Heizungen in Privathäusern und -wohnungen für weniger CO₂-Ausstoß zu sorgen, führte zu massivem Widerstand, und in Deutschland wie in Frankreich zwingen die gestiegenen Energiepreise die Regierungen zu Eingriffen in den Markt (gedeckelte Preise, Ausgleichszahlungen usw.). Und auch die jüngsten Bauernproteste haben unter anderem mit den Kosten für Energie zu tun. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Uneinigkeit bis auf die europäische Ebene

Zu allem Überfluss ist die Frage der aktuellen und zukünftigen Energiegewinnung ein großer Streitpunkt zwischen der deutschen und französischen Regierung. Atomkraft ja oder nein? Kohlekraftwerke als kleineres (vorübergehendes) Übel ja oder nein? Deutschland missbilligt die Einstufung von Atomkraft als „grüne Energie“, Frankreich weist zurecht auf die schlechte CO₂ -Bilanz der deutschen Stromgewinnung hin, wo Kohle noch eine große Rolle spielt. Beide Länder haben somit ihre eigene Vorstellung von Energiesouveränität, mit jeweils eigenen Interessen, die sich nicht immer leicht miteinander vereinbaren lassen. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen haben sich dabei als nicht fruchtbar oder lösungsorientiert erwiesen. Nur dank der Vermittlung der spanischen Ratspräsidentschaft war es 2023 möglich, zumindest eine konsensfähige Strommarktreform zu beschließen.

Wärme- und Energiewende in der lokalen Praxis

Vor diesem aktuellen politischen Hintergrund hat das Deutsch-Französische Zukunftswerk im Oktober 2023 seine Arbeit im dritten thematischen Zyklus aufgenommen. Der Fokus liegt dabei auf der lokalen Praxis, denn die ehrgeizigen Ziele der Reduktion der CO₂-Emissionen hängen ganz wesentlich von der Gestaltung der Wärme- und Energiewende auf kommunaler Ebene ab. In Deutschland ist die Wärmeplanung zur Pflichtaufgabe geworden, in Frankreich arbeiten viele Kommunen ebenfalls im Rahmen eines Förderprogramms (Fonds chaleur) der Agentur ADEME daran. Studien haben seit langem gezeigt, dass Gebäude für einen erheblichen Anteil der Emissionen verantwortlich sind (in Frankreich für 23 Prozent der Gesamtemissionen und 43 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs, in Deutschland 30 Prozent der Gesamtemissionen und 35,4 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs). Gebäudesanierung (im privaten wie im öffentlichen Bestand) ist also ein unverzichtbares Element einer gelungenen Energiewende. Die Politik muss entscheiden, ob Sanktionen oder Anreizsysteme die bessere Wahl sind – oder eine Mischung aus beiden. Mit diesem Thema hängt ein weiterer Aspekt zusammen, den wir anhand von konkreten Beispielen behandeln: Das Stichwort lautet in Frankreich „sobriété“, was in Deutschland mit „Suffizienz“ nur unzureichend übersetzt wird. Im Grunde geht es um Konsumreduktion und -verzicht, was politisch nicht leicht zu vermitteln ist.

Und schließlich werden wir im Zukunftswerk zur lokalen Wärme- und Stromproduktion arbeiten.

Anhand ausgewählter Kommunen (darunter München, Landkreis und Stadt Ludwigsburg, Chemnitz, das Amt Hagenow-Land und Hoort, Greifswald und der Landkreis Lörrach auf deutscher Seite sowie Lyon, Pau, Courbevoie, Brest und Metz auf französischer Seite) werden Lösungsansätze, Erfolge und Probleme identifiziert, und die Verantwortlichen aus den Kommunen in eine vertiefte Diskussion mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft gebracht, um Aktionsvorschläge und politische Empfehlungen zu formulieren.

Klimaziele, Beteiligungsformen und Vereinfachung bürokratischer Prozesse als wiederkehrende Querschnittsthemen

Im dritten Arbeitszyklus kann das Zukunftswerk auf die Erfahrungen der vergangenen Arbeiten aufbauen. Einige Aspekte der lokalen Praxis bei der Umsetzung der Klimaziele ziehen sich wie ein roter Faden durch die Diskussionen: Wie sieht eine angemessene Beteiligungsform aus, damit die Bürgerschaft beteiligt ist und doch keine unrealistischen Erwartungen geweckt werden? Wie können bürokratische Prozesse vereinfacht werden, um die Ziele schneller zu erreichen? Wie weit geht der Spielraum der Kommunen, wenn es um praktische Experimente und Pilotprojekte geht?

Der interdisziplinäre Workshop in Metz (Auftakt der dreiteiligen „deutsch-französischen Resonanzräume“), der Ende März stattfand, hat die genannten Fragen in den Mittelpunkt der Diskussionen gestellt. Es hat sich erneut gezeigt, wie schon in den vergangenen Jahren, dass die Herausforderungen auf der lokalen Ebene in beiden Ländern sehr ähnlich sind, trotz aller Unterschiede der politischen Systeme und auch unabhängig von den großen strategischen Entscheidungen der nationalen Regierungen, die – wie eingangs erwähnt – momentan nicht gerade konvergieren.