Valérie David: Energiewende mit Teamgeist
Interview auf Französisch geführt von Arthur Frantz
Übersetzung ins Deutsche von Annette Kulzer
Valérie David, Sie haben in Kommunalverwaltungen die unterschiedlichsten Tätigkeiten ausgeübt. Welche Aspekte haben Sie bei der Arbeit dort am meisten interessiert?
Was mich besonders reizt, sind die großen und manchmal auch beängstigenden Herausforderungen, mit denen ich mich befassen muss, wenn es um Themen unserer Zukunft geht. In meiner Funktion habe ich mit vielen Gesprächspartner:innen zu tun, von Personen aus dem Straßenbau bis hin zu politischen Entscheidungsträger:innen. Diese beschäftigen sich teilweise mit sehr speziellen Themen wie Wasserwirtschaft oder Fernwärmenetzen. Das setzt gleichzeitig Fachwissen, Innovationsgeist und Kooperationsbereitschaft voraus.
Außerdem schätze ich insbesondere die gemeinschaftliche Dimension meiner Arbeit: Ein Schlüssel zum Erfolg liegt darin, dass man unterschiedliche Menschen zu einer gemeinsamen Zusammenarbeit bewegt. Meine Arbeit macht mir wirklich Spaß, wenn ich diesen Teamgeist verspüre – ein bisschen, als seien wir Spezialeinsatzkommandos im Dienste des Gemeinwohls.
Können Sie uns ein Beispielprojekt nennen, zu dem Sie erfolgreich beigetragen haben?
Als Beispiel in der Metropolregion Brest möchte ich la Maison Commune (dt. das Gemeinschaftshaus) erwähnen. Dabei handelt es sich um eine kooperative und gemeinwohlorientierte Einrichtung, die die öffentliche Hand mit einer Art Innovationsförderung durch private Akteure verbindet.
Ein konkretes Beispiel hierfür ist das Unternehmen Sotraval, das zur Maison Commune gehört. Durch Abfallverwertung produziert es erneuerbare Wärme, die zur kostengünstigsten in Frankreich zählt. Auch die gemeinschaftlichen Photovoltaikprojekte veranschaulichen den Erfolg dieses Modells: Die Energiewende muss eine lokale Werteverteilung ermöglichen und gleichzeitig die Kompetenzen und das Fachwissen in der Region fördern.
Da Brest eine Partnerkommune des Zukunftswerks ist, konnten Sie sich mit anderen deutschen und französischen Gebietskörperschaften vergleichen. Wie fortschrittlich schätzen Sie Brest bei energiebezogenen Themen ein?
Beim Zukunftswerk sind die Partnerkommunen alle wirklich sehr unterschiedlich. Man konnte aber sehen, dass Brest – trotz seiner vergleichsweise geringen Größe – durchaus in der Lage ist, mit großen Akteur:innen, die Ressourcen für eine Spezialisierung haben, über anspruchsvolle Themen zu sprechen.
Ich denke, dass wir beispielsweise bei der Produktion von erneuerbaren Energien über Wissen verfügen. Doch es gilt zweifellos, das Tempo der Energiewende zu beschleunigen. Darüber hinaus sind bestimmte Technologien wie die Geothermie, die offensichtlich in Deutschland weiter fortgeschritten ist, wie das Beispiel München zeigt, im Brester Kontext schwer vorstellbar.
Sie sprechen von Herausforderungen: Was gibt Ihnen Anlass zur Hoffnung und welche Ängste haben Sie bezüglich der Umsetzung ökologischer und sozialer Transformationen?
Es gibt selbstverständlich Grund zum Optimismus: Derzeit findet bei vielen Akteur:innen, die zuvor Themen wie Wasser und Energie ignoriert haben, ein Umdenken in Bezug auf die Herausforderungen statt – insbesondere in der Wirtschaft. Ich sehe darin einen pädagogischen Effekt von Krisen wie der Dürre, die die Region Pays de Brest im Jahr 2022 erlebt hat, oder der Energiekrise, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst wurde.
Bei anderen Aspekten bin ich aber vorsichtiger. Die Dekarbonisierung ist teuer, sehr anspruchsvoll und nur einer von vielen Bausteinen des ökologischen Wandels. Auch auf anderen Gebieten sind die zu überwindenden Hürden bisher noch groß. In Brest zum Beispiel muss erst noch ein Modell entwickelt werden, um den Anteil des Autoverkehrs zu senken. Und dafür gibt es kein Patentrezept: Wir müssen die Umsetzung öffentlicher Politiken, die Anpassung an den Wandel und die Bewältigung immer häufiger auftretender zeitweiliger Krisensituationen mit den nach wie vor begrenzten Ressourcen in Einklang bringen.
Sie haben in ganz Frankreich gelebt, sich aber vor fünf Jahren dafür entschieden, nach Brest zu ziehen. Was fasziniert Sie an dieser Stadt?
Ich bin Bretonin und fühle mich dieser Region sehr verbunden. Ich habe mich deshalb in erster Linie für Brest entschieden, weil ich in die Bretagne zurückkehren wollte. Was für mich besonders reizvoll war, war die Möglichkeit, am Meer leben zu können, ohne auf die Vorteile einer Großstadt verzichten zu müssen.
Bevor ich hierherkam, kannte ich Brest kaum. Ich habe eine Stadt nach menschlichem Maßstab entdeckt, eine gewisse Einfachheit, Solidarität und vielleicht auch Dickköpfigkeit, die sowohl Qualität als auch Mangel ist, und die ich sehr schätze.
Ich habe auch festgestellt, dass es hier keine großen Hitzewellen oder Probleme mit Luftverschmutzung gibt! Außerdem ist es eine Stadt, in der man sich mit der Natur verbunden fühlt. Der Garten des Nationalen Botanischen Konservatoriums zum Beispiel ist ein echtes Stück Paradies.
Das macht wirklich Lust auf eine Reise an die bretonische Küste! Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person
Nach ihrem Studium der Rechts- und Politikwissenschaften war Valérie David ab 1987 im Institut Régional d'Administration de Lyon tätig. Ab dem Jahr 1998 arbeitete sie im Institut National des Études Territoriales. Ihre Laufbahn in der Kommunalverwaltung führte sie nach Lille, Grenoble und Bordeaux. Sie zog 2018 in die Metropolregion Brest und ist dort derzeit als stellvertretende Generaldirektorin für öffentliche Räume und Umweltbelange Abteilungsleiterin für öffentliche Räume und Umweltbelange angestellt.